Zum Inhalt springen

Geschichte hautnah: Die Ritter Giselher und Gunther halten Workshop zur experimentellen Archäologie für die 7. Jahrgangsstufe

| Geschichte 

Michael Giesl und Günther Knorr kamen am 26. Januar in voller Montur ans JAS-Gymnasium. Sie waren der Einladung von StRin Dr. Nadine Kilgert-Bartonek gefolgt, die die Veranstaltung für die Schüler*innen der 7. Klassen organisierte. Einer der Männer war als Ritter für den Kampf gerüstet, der andere trug die im Frühmittelalter übliche Alltagsbekleidung (s. Foto). Die Ritter waren als so genannte Ministerialen dafür zuständig, die Reichsburg Nabburg zu beschützen.

Deshalb wurden den Schüler*innen zunächst die Waffen eines Ritters gezeigt. Giesl, der durch ein Kettenhemd, das aus 15.000 Ringen bestand, geschützt wurde, erläuterte, dass Waffen und Rüstung insgesamt ca. 25 Kilogramm wogen. Er trug ein Kurzschwert, präsentierte einen Streitkolben, eine Axt, einen Speer (beziehungsweise germanisch Ger) und Knorr einen Sax, eine Art einschneidigen Dolch. Danach wurde der Schildwall vorgeführt, eine zwei Mann tiefe Kampfreihe, in der sich die Infanteristen durch die tropfenförmigen Kiteschilde schützten, wobei jeweils der hintere versuchte, aus der Deckung heraus einen ungeschützten Körperteil des Gegners zu verletzten. Tatsächlich seien die Zweikämpfe, die man aus Filmen kennt, nur in Endphasen von Schlachten – wenn überhaupt – ausgefochten worden. Es handelte sich eher um ein Schieben und Drücken, so die beiden Experten. Im Zuge des so genannten Reenactments (Inszenierung konkreter geschichtlicher Ereignisse in möglichst authentischer Art) waren die beiden u.a. 2006 an der Südküste Ostenglands, um mit etwa 2000 Mann das „battle of Hastings“, die Schlacht um England, angeführt von Wilhelm dem Eroberer, nachzustellen. Die interessierten Jugendliche kamen aber dennoch in den Genuss, einem kurzen, aber schlagkräftigen Zweikampf beizuwohnen.

Nachdem Ritter nicht die ganze Zeit über kämpften, wurden den Schüler*innen auch Alltagsarbeiten und -gegenstände vorgeführt. Das Essen wurde in gedrechselten Holzschalen serviert, daraus aß man mit Holzlöffeln oder mit dem Essdorn, dem Vorläufer der Gabel. Alle Gegenstände, die gezeigt wurden, sind originalgetreue Nachbildungen, so beispielsweise der tönerne Becher (s. Foto), der in Nabburg gefunden wurde. Das Original ist im historischen Museum in Regensburg zu sehen. Das so genannte Gold des Mittelalters, also Salz, konnten die Zuschauer in einem kleinen Gefäß aus Birkenrinde begutachten, ebenso wie eine selbst gezogene Bienenwachskerze und ein eisernes Vorhängeschloss mit ausgeklügelter Schließtechnik.

Aus der Nachbildung einer Zimmermannstruhe, die aus dem Wrack eines vor Dänemark gesunkenen slawischen Langschiff geborgen werden konnte, zog Giesl diverse Werkzeuge hervor und erläuterte deren Funktion: ein Zieheisen zum Schälen der Baumrinde, eine Haue zur Bodenbearbeitung, eine Sichel zum Ernten, einen Hammer, eine scharfe Säge, einen Bohrer, eine Stoffrolle für Stechbeitel (Kleinwerkzeuge samt Wetzstein) und dergleichen mehr. Im Winter blieb den Beschützern der Stadt sogar ein wenig Zeit, um zu spielen. So gab es Würfel aus Knochen und ein Mühlespiel mit verzierten Steinen aus Horn und Holz zu bewundern.

Giesl und Knorr frönen ihrer Leidenschaft fürs Frühmittelalter so sehr, dass sie im Geschichtspark Bärnau-Tachov mit den Archäologen vor Ort ein Pfostenhaus errichteten und eine Zeit lang darin lebten. Die Wände des Hauses bestehen aus Weidenzäunen, die mit Lehm und Stroh ummantelt wurden und das Dach ist mit Reet gedeckt. Es handelt sich, wie damals üblich, um ein Wohn-Stall-Haus, wobei auf einer Seite das Vieh untergebracht ist, um von dessen Wärmeausstrahlung zu profitieren.

Nabburg lag an bedeutenden Handelsstraßen und hatte auch einen Hafen, an dem Lastkähne anlegten, die aus Regensburg kamen. Den Schüler*innen wurden diverse Rekonstruktionszeichnungen der mittelalterlichen Siedlung, die auch im Nabburger Stadtmuseum zu bestaunen sind, gezeigt. Die Bedeutung Nabburgs wird unter anderem auch an dem ihm im Jahre 976 verliehenen Münzrecht gemessen. Als Nebenprägestätte von Regensburg durften hier Nabburger Pfennige geschlagen werden, die man bis in Russland, den baltischen Staaten, Dänemark, Norwegen, Italien und Frankreich fand. Die Schüler*innen durften sogar einen echten (keine Nachbildung!) Nabburger Pfennig bewundern. Zudem wurde ihnen die Methode, eine Münze zu schlagen unter der Dokumentenkamera vorgeführt. Auf der einen Seite des Prägestempels war NAPPA CIVITAS sowie der Burgberg mit Kreuz (für die Burgkapelle) auf der Spitze und dem Zeichen des Prägemeisters zu sehen. Darauf wurde ein Silberrohling gelegt und der andere Prägestempel, auf dem HENRICUS DUX (Herzog Heinrich II., Regierungszeit 985-995) stand, daraufgesetzt. Dann schlug man fest mit einem Hammer oben drauf und fertig war der Pfennig. Auf die Frage eines Schülers hin wurde der Gegenwert der Münze mit fünf Eiern, einem Laib Brot und einem Huhn beschrieben.

Am Ende der Präsentation durften die Schüler*innen Werkzeuge, Waffen und Alltagsgegenstände selbst in die Hand nehmen und die beiden Referenten wurden noch mit zahlreichen Fragen gelöchert.