Christliche Bestattungskultur

Schüler und Schülerinnen setzten sich im Rahmen des Katholischen Religionsunterrichtes mit der Thematik Sterben, Tod und der Frage „Was kommt nach dem Tod?“ auseinander. So galt es auch über die Bestattungskultur der drei großen monotheistischen Religionen zu sprechen. Festgestellt wurde außerdem, dass in der multikulturellen Gesellschaft der Trend zu Naturalismus, zu Friedwäldern und Streuwiesen geht. In Großstädten nimmt die anonyme Bestattung zu, wo sich dann weder Grab noch Name der Verstorbenen finden lassen. Als eine traurige Tatsache empfanden es die Schüler/innen der Klasse 10b, wenn ein Mensch so sang- und klanglos von der Bildfläche verschwindet und es keinen festen Ort mehr gibt, an dem um ihn getrauert werden kann.
Das brachte uns auf die Idee, einen in Ortsnähe zu unserer Schule lebenden jungen Steinmetz und Bildhauer einzuladen, der sich seit einiger Zeit mit der Erstellung individueller Grabsteine sowie mit Sakralkunst beschäftigt. Ihn wollten wir zur christlichen Bestattungskultur befragen. Dominik Schleicher aus Wolfring, zugleich Juniorchef eines ortsansässigen Baugeschäftes, besuchte uns im Februar und überraschte uns mit einem sehr interessanten Vortrag.
Die Bilder, die er von seinen Grabsteinen zeigte, erläuterte er eindrucksvoll, ergänzt durch seine persönlichen Erfahrungen mit den trauernden Auftraggebern. Es stellte sich schnell heraus, dass zwar der überwiegende Teil seiner Arbeit im kreativen Gestalten des Grabsteins besteht, aber auch kein unbedeutender Teil darin liegt, den Trauerprozess der Angehörigen zu begleiten. Bis der Stein seine endgültige Form gewinnt, vergeht meist das ganze Trauerjahr. In die auszuführenden Arbeiten fließen in gestalterischer Umsetzung Eigenheiten, Gewohnheiten der Verstorbenen, Gemeinsamkeiten zwischen ihnen und den Angehörigen ein, kurzum all das, was so typisch war für sie, was in lebendiger Erinnerung bleiben soll. Dazu benötigt es immer wieder Korrekturen in der Gestaltung, Ergänzungen, erneute Gespräche und Begutachtungen des Werkes, das immer konkretere, individuellere Formen annimmt. Die Toten bleiben während dieses Prozesses „im Wort, im Gespräch der Lebenden“ und finden schließlich ihre Wesensart umgesetzt, zumindest teilweise, im „Aussehen des Grabsteines, in seiner Gestaltung“.
Bewusst gewählt werden gelegentlich auch Grabsteine mit grober Oberflächenstruktur. An ihnen ist die Verwitterung, der Verfall schneller zu sehen. Die Zeit verändert die Schönheit und das Aussehen des Steines. Für die Besucher des Grabes wird der Stein selbst Mahnmal und sichtbares Zeichen für den Lauf der Zeit, für die Vergänglichkeit allen Seins. Nicht selten, so erzählt Dominik Schleicher, nehmen Angehörige auch Ausschnitte aus dem erstellten Grabstein in ihre Wohnung mit, schaffen sich dadurch in ihrem Wohnraum etwas sichtbar Verbindendes mit den Toten auf dem Friedhof.
Aufschriften wie „unvergessen, in ewiger Liebe, du fehlst uns“ usw. versucht der Künstler zu vermeiden. Er rät zu Worten aus der Bibel, sinnhaft und zukunftsweisend, den Blick auf die immaterielle Welt gerichtet. Daher haben seine Grabsteine auch stets eine Mindesthöhe. Zum einen, damit der Trauernde ein Gegenüber auf Augenhöhe hat, auf das er schauen kann. Zum anderen, damit der Mensch seinen Blick hebt, über das Leid und den Verlust hinaus. Der Blick soll auf das gerichtet werden, was uns nach christlicher Überzeugung nach unserem Tod erwartet, was uns schon jetzt trösten und erwartungsvoll machen soll: Die Zukunft bei Gott, das unvergängliche Leben in Fülle.

E. Seibert-Kiener, StDin